A. A. hat eine Strafanzeige gegen B. erstattet, weil sie ihm vorwirft, Lügen über sie verbreitet zu haben. Die Staatsanwaltschaft hat die Strafuntersuchung wegen übler Nachrede eingestellt, woraufhin A. Beschwerde beim Kantonsgericht von Graubünden eingereicht hat. Die Beschwerde wurde jedoch nicht fristgerecht eingereicht und entspricht nicht den gesetzlichen Begründungsanforderungen. Daher wird auf die Beschwerde nicht eingetreten, und die Kosten von CHF 200.00 gehen zu Lasten von A.
Urteilsdetails des Kantongerichts SK2 2021 94
Kanton: | GR |
Fallnummer: | SK2 2021 94 |
Instanz: | Kantonsgericht Graubünden |
Abteilung: | |
Datum: | 02.03.2022 |
Rechtskraft: | |
Entscheid des Kantongerichts SK2 2021 94
Verfügung vom 02. März 2022
Referenz SK2 21 94
Instanz II. Strafkammer
Besetzung Hubert, Vorsitzender
Eckstein, Aktuarin ad hoc
Parteien A.___
Beschwerdeführerin
gegen
B.___
Beschwerdegegner
Gegenstand üble Nachrede
Anfechtungsobj. Einstellungsverfügung der Staatsanwaltschaft Graubünden vom 01.12.2021 (Proz. Nr. VV.2021.2708)
Mitteilung 08. März 2022
Sachverhalt
A. A.___ erstattete am 7. Juli 2021 bei der Staatsanwaltschaft Graubünden Strafanzeige gegen B.___, mit welcher sie diesem u.a. vorwarf, seit Monaten Lügen über sie zu verbreiten und sie in ihrer Wohnliegenschaft als Unruhestifterin und Bettlerin darzustellen.
B. Die in der Folge mit Verfügung vom 9. September 2021 gegen B.___ eröffnete Strafuntersuchung wegen übler Nachrede gemäss Art. 173 Abs. 1 StGB stellte die Staatsanwaltschaft am 1. Dezember 2021 ein.
C. Dagegen erhob A.___ (nachfolgend: Beschwerdeführerin) mit Eingabe vom 20. Dezember 2021 (Poststempel: 21. Dezember 2021) Beschwerde an das Kantonsgericht von Graubünden und beantragte, dass die Strafuntersuchung fortzuführen sei.
D. Mit prozessleitender Verfügung vom 23. Dezember 2021 bot der Vorsitzende der II. Strafkammer dem Beschuldigten B.___ und der Staatsanwaltschaft Graubünden Gelegenheit zur Stellungnahme mit Frist bis zum 6. Januar 2022. Die Staatsanwaltschaft wurde zudem aufgefordert, sämtliche Akten mit Aktenverzeichnis (VV.2021.2708) dem Kantonsgericht zuzustellen.
E. Mit seiner Stellungnahme vom 2. Januar 2021 (recte: 2. Januar 2022) beantragte B.___ die Abweisung der Beschwerde.
F. Mit Eingabe vom 4. Januar 2022 beantragte die Staatsanwaltschaft Graubünden die kostenfällige Abweisung der Beschwerde, soweit darauf einzutreten sei, unter Beilage der Akten mit Aktenverzeichnis.
G. Mit Replik vom 18. Januar 2022 hielt die Beschwerdeführerin an ihrem Antrag fest.
H. Auf die Begründung der Anträge in den Rechtsschriften sowie auf die Ausführungen in der angefochtenen Verfügung ist, soweit zur Entscheidfindung notwendig, in den nachstehenden Erwägungen einzugehen.
Erwägungen
1. Gegen Einstellungsverfügungen der Staatsanwaltschaft kann gemäss Art. 322 Abs. 2 StPO i.V.m. Art. 393 Abs. 1 lit. a StPO i.V.m. Art. 22 EGzStPO (BR 350.100) beim Kantonsgericht von Graubünden Beschwerde erhoben werden. Die Beurteilung fällt in die Zuständigkeit der II. Strafkammer des Kantonsgerichts (Art. 22 EGzStPO; Art. 10 Abs. 1 KGV [BR 173.110]).
2. Nebst Rechtsverletzungen können mit der Beschwerde auch die unvollständige unrichtige Feststellung des Sachverhalts sowie Unangemessenheit gerügt werden; mithin besteht volle Kognition (Art. 393 Abs. 2 StPO).
3. Die Beschwerde ist innert einer Frist von 10 Tagen schriftlich und begründet einzureichen (Art. 396 Abs. 1 StPO).
3.1.1. Die Frist beginnt mit der Zustellung der Einstellungsverfügung (vgl. Art. 384 lit. b StPO). Diese gilt als erfolgt, wenn die eingeschriebene Sendung von der Adressatin von einer angestellten im gleichen Haushalt lebenden, mindestens 16 Jahre alten Person entgegengenommen wurde (Art. 379 StPO i.V.m. Art. 85 Abs. 3 Satz 1 StPO). Wurde die Einstellungsverfügung entgegengenommen, beginnt die Rechtsmittelfrist am folgenden Tag zu laufen; der Tag der Zustellung selbst ist nicht mitzuzählen (Art. 379 StPO i.V.m. Art. 90 Abs. 1 StPO). Die Frist ist eingehalten, wenn die Verfahrenshandlung spätestens am letzten Tag bei der zuständigen Behörde vorgenommen wird (Art. 379 StPO i.V.m. Art. 91 Abs. 1 StPO). Eingaben müssen spätestens am letzten Tag der Frist bei der Strafbehörde abgegeben zu deren Handen der Schweizerischen Post übergeben werden (Art. 379 StPO i.V.m. Art. 91 Abs. 2 StPO). Mitteilungen sind der Adressatin an ihren Wohnsitz, ihren gewöhnlichen Aufenthaltsort an ihren Sitz zuzustellen (Art. 379 StPO i.V.m. Art. 87 Abs. 1 StPO). Dies hindert die Adressatin nicht, den Behörden eine andere Zustelladresse mitzuteilen als die ihres Wohnsitzes, ihres gewöhnlichen Aufenthalts ihres Sitzes; tut sie dies, muss die Zustellung grundsätzlich an die angegebene Adresse erfolgen, sonst ist sie mangelhaft (BGE 139 IV 228, E. 1.2).
3.1.2. Mit Schreiben vom 9. November 2021 teilte die Beschwerdeführerin der Staatsanwaltschaft mit, sie befinde sich seit dem 14. Oktober 2021 in der Klinik C.___ in D.___ in psychiatrischer Behandlung (StA act. 1.10). Aufgrunddessen erkundigte sich eine Sachbearbeiterin am 30. November 2021 telefonisch bei der Beschwerdeführerin, ob sie die Einstellungsverfügung an ihren Wohnsitz in die Klinik C.___ zugestellt haben möchte. Die Beschwerdeführerin bestand auf der Zustellung der Verfügung an ihre Wohnadresse (StA act. 1.12). Eine anderweitige Adressänderungsangabe ist nicht aktenkundig. Damit stellte die Staatsanwaltschaft die Einstellungsverfügung zu Recht der Beschwerdeführerin an die Via ___ in E.___ zu.
3.1.3. Die Schweizerische Post stellte die Verfügung am 3. Dezember 2021 per eingeschriebener Sendung zu. Als Empfangsperson vermerkte die Post 'A.___' (vgl. Sendungsverfolgung Post, Beilage zu act. A.3). Somit muss die eingeschriebene Sendung von der Adressatin selbst von einer von ihr bevollmächtigten Person entgegengenommen worden sein. Als Zustellungsdatum gilt somit der 3. Dezember 2021. Die 10-tägige Beschwerdefrist lief daher am 13. Dezember 2021 ab. Mit Eingabe vom 20. Dezember 2021 (Poststempel: 21. Dezember 2021) erfolgte die Beschwerde nicht innert der 10-tägigen Frist. Auf die Beschwerde ist somit nicht einzutreten.
3.2.1. Ferner genügt die Eingabe der Beschwerdeführerin vom 20. Dezember 2021 den gesetzlichen Anforderungen an die Begründung einer Beschwerde nicht. Die Beschwerdeführerin hat genau anzugeben, welche Punkte des Entscheides sie anficht, welche Gründe einen anderen Entscheid nahe legen sowie welche Beweismittel sie anruft (vgl. Art. 396 Abs. 1 StPO i.V.m. Art. 385 Abs. 1 lit. a-c StPO).
3.2.2. Die Staatsanwaltschaft kam in der angefochtenen Verfügung zum Schluss, aufgrund der einvernommenen Zeugen lasse sich der Vorwurf der üblen Nachrede nicht erhärten. Konkrete Namen von Personen, gegenüber welchen der Beschuldigte zum Nachteil der Beschwerdeführerin übel nachgeredet haben soll, habe Letztere trotz Aufforderung nicht genannt. Der Nachweis einer vom Beschuldigten begangenen üblen Nachrede könne somit nicht mit der erforderlichen Gewissheit erbracht werden. Die Strafuntersuchung sei daher einzustellen. Die Beschwerdeführerin setzt sich in ihrer Beschwerde vom 20. Dezember 2021 mit diesen Erwägungen nicht auseinander. Sie äussert sich einzig dahingehend, dass sie die Fortsetzung des Strafverfahrens gegen B.___ und damit die Aufhebung der Einstellungsverfügung wünsche. Des weiteren führt sie aus, dass Nachbarinnen und Nachbarn die üble Nachrede bezeugen könnten; sie könne die Namen angeben (act. A.1). Auf die namentliche Aufzählung dieser angeblichen Zeugen verzichtet sie dann aber wie bereits anlässlich der vorinstanzlich durchgeführten Konfronteinvernahme (StA act. 3.10, S. 5 f.). Sie legt auch nicht etwa dar, inwieweit entgegen der Ansicht der Staatsanwaltschaft auf weitere Zeugeneinvernahmen verzichtet werden könnte. Auch replicando begründet sie ihre Beschwerde nicht weiter und belässt es bei der blossen Behauptung, dass B.___ und dessen Familie Lügen verbreiten würden und dass sie wünsche, dass es im vorliegenden Verfahren zu einer Verhandlung komme (act. A.4). Diese Ausführungen sind rein appellatorischer Natur und genügen offensichtlich den Begründungsanforderungen im Sinne von Art. 385 Abs. 1 lit. a-c StPO nicht.
3.2.3. Grundsätzlich weist die Rechtsmittelinstanz die Eingabe innerhalb einer kurzen Nachfrist zur Verbesserung zurück, wenn sie die gesetzlichen Anforderungen an die Begründung nicht erfüllt (vgl. Art. 385 Abs. 2 StPO). Dies allerdings unter der Voraussetzung, dass das Rechtsmittel fristgerecht eingereicht wurde. Ausserdem ist eine Nachfristansetzung weder für eine materielle Ergänzung einer mangelhaft begründeten Eingabe noch für die Verbesserung von bewusst mangelhaften Rechtseingaben anwendbar, sondern lediglich für Fälle, wo es überspitzt formalistisch wäre, mangelhafte Eingaben unbehandelt zu lassen. Ein solcher Fall ist vorliegend nicht gegeben. Auch von einem Laien kann eine fristgerechte und rechtsgenügend begründete Beschwerdeschrift erwartet werden (Patrick Guidon, in: Niggli/Heer/Wiprächtiger [Hrsg.], Basler Kommentar, Schweizerische Strafprozessordnung, 2. Aufl., Basel 2014, N 9e zu Art. 396; Martin Ziegler/Stefan Keller, in: Niggli/Heer/Wiprächtiger [Hrsg.], Basler Kommentar, Schweizerische Strafprozessordnung, 2. Aufl., Basel 2014, N 3 f. zu Art. 385; Viktor Lieber, in: Donatsch/Lieber/Summers/Wohlers [Hrsg.], Kommentar zur Schweizerischen Strafprozessordnung, 3. Aufl., Zürich 2020, N 3 ff. zu Art. 385). Vorliegend erfolgte die Beschwerde weder innert der 10-tägigen Frist noch wurde sie rechtsgenüglich begründet. Namentlich hat die Beschwerdeführerin auch in der Beschwerde keine Namen von Zeugen genannt, obwohl dies bereits in der angefochtenen Verfügung als Grund dafür genannt wurde, weshalb kein Nachweis der üblen Nachrede erbracht werden könne. Auf eine Nachfristansetzung konnte unter diesen Umständen verzichtet werden.
4. Zusammenfassend ist festzuhalten, dass die Beschwerde verspätet erfolgte und nicht den gesetzlichen Begründungsanforderungen entspricht. Auf die Beschwerde ist demzufolge nicht einzutreten.
5. Aufgrund der offensichtlichen Unbegründetheit der Beschwerde erfolgt vorliegende Verfügung in einzelrichterlicher Kompetenz (Art. 18 Abs. 3 GOG [BR 173.000]).
6. Bei diesem Ausgang des Verfahrens gehen die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu Lasten der Beschwerdeführerin (Art. 428 Abs. 1 StPO). Gemäss Art. 8 VGS (BR 350.210) ist für Entscheide im Beschwerdeverfahren eine Gerichtsgebühr von CHF 1'000.00 bis CHF 5'000.00 zu erheben. Bei Erledigung eines Rechtsmittels im Verfahren gemäss Artikel 18 Abs. 3 GOG kann die Gerichtsgebühr nach Ermessen des Gerichts herabgesetzt werden (Art. 10 VGS). Für das vorliegende Verfahren erscheint eine Gerichtsgebühr von CHF 200.00 als angemessen.
Demnach wird erkannt:
Auf die Beschwerde wird nicht eingetreten.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens in Höhe von CHF 200.00 gehen zu Lasten von A.___.
Gegen diese Entscheidung kann gemäss Art. 78 ff. BGG Beschwerde in Strafsachen an das Bundesgericht geführt werden. Die Beschwerde ist dem Schweizerischen Bundesgericht, 1000 Lausanne 14, schriftlich innert 30 Tagen seit Eröffnung der vollständigen Ausfertigung der Entscheidung in der gemäss Art. 42 f. BGG vorgeschriebenen Weise einzureichen. Für die Zulässigkeit, die Beschwerdelegitimation, die weiteren Voraussetzungen und das Verfahren der Beschwerde gelten die Art. 29 ff., 78 ff. und 90 ff. BGG.
Mitteilung an:
Bitte beachten Sie, dass keinen Anspruch auf Aktualität/Richtigkeit/Formatierung und/oder Vollständigkeit besteht und somit jegliche Gewährleistung entfällt. Die Original-Entscheide können Sie unter dem jeweiligen Gericht bestellen oder entnehmen.
Hier geht es zurück zur Suchmaschine.